Test des Monats: Restaurant Oben in Heidelberg

„Alle wollen oben sein, oben sein heißt super sein … wenn man einmal oben war, ist die Welt erstaunlich klar“: Herrlich, wie passend doch der Song des deutschen Elektropop-Duos 2Raumwohnung klingt, als wir in der Abendsonne auf der Terrasse einen Pinot Rosé brut vom Deidesheimer Sekthaus Krack als Aperitif genießen. „Leider“ könnte man in Bezug auf den Songtext aber ebenso sagen. Denn die Wartezeit, um hier oben überhaupt einen freien Tisch zu bekommen (insgesamt gibt es maximal 20 Plätze), beträgt gut acht, neun Monate! Sicher nicht nur, weil die espresso-Redaktion dem Oben und seinen herzlich entspannten Gastgebern – Küchenchef Robert Rädel, Sous-Köchin Mona Schmid und Anna Kaufmann (Wein und Service) – Jahr für Jahr „15 Tassen“ verleiht. Den Michelin-Stern trägt das Oben nun immerhin schon seit 2019. Wenn außerdem etwa im Podcast „Alle Wege führen nach Ruhm“ (Joko Winterscheidt/Paul Ripke) dem Schauspieler Elyas M’Barek das Oben als das „krasseste, geilste Restaurant mit den realsten Leuten“ empfohlen wird, dann nimmt die Zahl der Fans natürlich zu. Und wer sich auf das Konzept einlässt, der kommt höchstwahrscheinlich wieder. Inszeniert das Trio hier auf 465 Meter ü. NN seine Sterneküche doch außergewöhnlich kreativ und modern. Denn es kommt ganz ohne Kaisergranat, Wagyu, Trüffel oder Gänseleber aus und bietet eine aromareiche Naturküche mit Produkten, die gesammelt aus dem eigenen Garten (frisch oder haltbar gemacht) beziehungsweise aus einem Radius von etwa 60 Kilometern stammen – wie etwa das Tatar vom Rheinhecht oder die auf Zedernholz gegarte Odenwälder Bachforelle. Insgesamt 13 saisonal festgelegte Köstlichkeiten (€ 130) werden in diesem gut fünfstündigen, nie langatmigen und stets hochkulinarischen Unterhaltungsprogramm serviert. So darf etwa ein Gang in der offenen Küche eingenommen werden. Das Ei „D.I.Y“ bereitet man sich am Tisch mit scharfer Gewürzbutter im heißen gusseisernen Töpfchen selbst zu. Ebenfalls Höhepunkte, die es zu erleben gilt: Der mit Lupinenmiso verfeinerte, eingekochte heiße Karottensaft, die langsam im Ofen gegarte Sellerieknolle im Salzteig oder Rädels „Signatur Dish“, der aufwendig zubereitete krosse Schweinewedel mit frischem Apfel und scharfem Kren. Ob Artischockenböden mit Lindenblütenknospen, ob Stör mit Aubergine, ob Rib-Eye mit Fichtenemulsion: Ein Abend im Oben ist eine ungemein köstliche Entdeckungsreise – was auch für die Weinbegleitung (je Gang 0,1l € 9) gilt.