Wer immer noch von „Unkraut“ spricht, wenn es um Pflanzen geht, die beim Gärtnern auf herkömmliche Art mitunter stören und wild wuchern, wird mit diesem Buch einmal mehr eines Besseren belehrt: Martina Merz gibt nicht nur Tipps zum Sammeln und Zubereiten, sondern ordnet die essbaren „Wildkräuter“ auch in Kategorien ein, wie man sie vom Nutzgarten her kennt.
Zu den wilden Salaten zählt die Autorin zum Beispiel Vogelmiere, Schlangenknöterich, Löwenzahn und Sauerampfer sowie Knoblauchsrauke. Als Gewürzkräuter eignen sich ihr zufolge neben den Minzearten auch wilde Laucharten und Beifuß. Sogar Kräuter mediterraner Anmutung wachsen wild, darunter Dost, Gundelrebe und Quendel. Nicht zuletzt listet Merz grüne Sattmacher, das Wildgemüse, wozu sie neben Bärlauch und Giersch auch Brennnessel und Wiesen-Bärenklau zählt. Letztgenannter ist übrigens nicht zu verwechseln mit seinem großen Verwandten, dem giftigen Riesenbärenklau. Auch wilde Früchte, Samen und Wurzeln wie Hagebutten und Walderdbeeren haben Eingang ins Buch gefunden.
Wildkräuter sollten umsichtig gesammelt werden
All diese gesunden und aromatischen Leckerbissen schenkt uns die Natur im Grunde zum Nulltarif und frei Haus, wenn man sie denn lässt. Doch Merz behält bei aller Wildkräuter-Liebe immer auch den Naturschutz im Blick. Sie erinnert Sammler zum Beispiel daran, nur dann zu ernten, wenn es genug andere Nahrung für Insekten gebe.
Nach dieser bestens aufbereiteten Theorie geht es ganz praktisch an den Genuss. Es folgt ein mehr als 100 Seiten starker Rezeptteil von Basics über Dips und Wildgemüse bis hin zum Grillen, zu Gerichten aus dem Backofen und zu süß-fruchtigen Desserts. Für den Anfang empfiehlt die leidenschaftliche Köchin und Initiatorin von Kochzirkeln sowie erfolgreiche Youtuberin mit dem Format „Essbare Natur“ milde Pflanzen für die Zubereitung, etwa wilden Feldsalat, Holunderblüten oder Vogelmiere. „Wildpflanzen sind manchmal herber, bitterer und rauer, als wir es gewöhnt sind“, betont Merz. „Mit kleinen Mengen gewöhnst du deinen Geschmackssinn und Organismus langsam an die verlernten Inhaltsstoffe.“ Sie rät deshalb auch für den Anfang dazu, kleine Mengen der Wildkräuter zu gewohnten Speisen zu geben.
Viele Rezeptideen aus dem Buch sind herzhafte Sattmacher
Wer ihre Tipps beherzigt, ist bestens gerüstet für ihre raffinierten Rezeptideen, allen voran die herzhaften Sattmacher aus der Natur. Merz: „Während man von vielen Wildkräutern nur kleine Mengen für Salat zupft, gibt es einige Pflanzen, die so stark wachsen oder so große Blätter haben, dass du damit auch große Schüsseln für ein Essen mit vielen Freunden füllen kannst.“ Dazu gehören zum Beispiel das Wildkräuter-Omelett mit Spargel und die Wildkräuterknödel.
Weil Martina Merz von München aus gerne mit dem Wohnmobil unterwegs ist, ist manches Rezept von ihren Reisen inspiriert: Asiatisch angehaucht sind die Bärlauchknospen mit Miso, Ramen-Nudeln und Gomasio, mediterran muten karamellisierte Löwenzahnknospen auf Tomatensugo an, die sich wunderbar mit Pasta oder Polenta kombinieren lassen. Nicht zuletzt finden sich Pizza, Pasta und Tortilla-Versionen in dem hochwertigen und schön gestalteten Kochbuch. Und Beispiele aus der weniger bekannten georgischen Küche, wie die appetitlichen georgischen Chatschapuri – gefüllte Wildkräuter-Brote. (wig)
Weitere Buchtipps finden Sie hier.
„Wildkräuter – Bestimmen, Sammeln, Zubereiten“
von Martina Merz
Becker Joest Volk Verlag, 2022
288 Seiten
29,95 Euro
Rezepttipps: Chatschapuri – gefüllte georgische Wildkräuter-Brote von Martina Merz
Das Rezept, das Kochbuch-Autorin Martina Merz von einer Reise aus dem Kaukasus mitgebracht hat, ist vegetarisch und eignet sich ideal in der Zeit von März
bis November, weil dafür unterschiedliche Kräuter nach Wahl passen.
Zutaten für zwei Brote:
Für den Teig (alle Zutaten zimmerwarm):
150 g Weizenmehl (Type 405) und etwas mehr zum Bemehlen, 1 TL Trockenhefe,
1 Prise Zucker, 100 g Naturjoghurt, ½ TL Salz, 1 TL Olivenöl
Für die Füllung:
3 Handvoll gemischte Wildkräuter (etwa 100 g, zum Beispiel Giersch, Brennnesseln, Dost, Bärlauch; gern mit Blüten), 1 Bund Dill, 1 Bund Koriander, 1 Zwiebel, 1 EL Olivenöl zum Braten, 120 g Feta (45 % Fett), 100 g Ricotta (20 % Fett), 3 Bioeier, Salz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle, 2 EL Butter, ½ TL schwarze Sesamsaat
Zubereitung:
Für den Teig:
Mehl, Hefe, Zucker, Joghurt, Salz und 2-3 EL handwarmes Wasser in einer großen Schüssel 10 Minuten kneten, die letzten 5 Minuten unbedingt von Hand! Olivenöl dazugeben und noch mal kneten, bis der Teig glatt und geschmeidig ist. Abdecken und an einem warmen Ort 2 Stunden gehen lassen. Den Backofen (oder Gasgrill) mit Pizzastein oder Backblech mindestens 30 Minuten auf 240 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen.
Für die Füllung:
Die Wildkräuter waschen, harte Stiele entfernen und einige Zweige (mit Blüten) zum Garnieren beiseite legen. Die restlichen Kräuter fein hacken. Dill und Koriander waschen und ebenfalls hacken. Die Zwiebel schälen, fein würfeln und in einer Pfanne im Olivenöl golden anbraten. In eine Schüssel geben und etwas abkühlen lassen. Den Feta hineinkrümeln, dann Ricotta, ein Ei und alle gehackten Kräuter hinzugeben und vermischen. Mit Salz und Pfeffer würzen. Den Teig nach der Ruhezeit halbieren, zu Kugeln formen und auf einer gut bemehlten Arbeitsfläche dünn und oval ausrollen.
Die Füllung jeweils auf die Mitte geben. Die Teigränder nach innen schlagen, die Enden auseinanderziehen und etwas verdrehen, sodass kleine „Boote“ entstehen. Zur Füllung innen einen Rand frei lassen.
Die Chatschapuri auf den heißen Pizzastein oder auf ein Backpapier und damit auf das heiße Backblech rutschen lassen. Auf der untersten Schiene im vorgeheizten Ofen etwa 10 Minuten backen. Währenddessen die beiden restlichen Eier getrennt in zwei Schälchen aufschlagen.
Nach der Backzeit die Ofentür sehr langsam öffnen, der heiße Dampf darf nicht zu schnell entweichen. Auf die Mitte der Chatschapuri je 1 EL Butter und ein Ei geben. Die Ofentür schließen, die Temperatur auf 220 Grad reduzieren und noch mal etwa 5 Minuten backen. Die Chatschapuri aus dem Ofen nehmen, mit Sesam, etwas Salz und beiseite gelegten Kräutern und Blüten bestreuen und heiß servieren. In Georgien wird das weiche Ei dann im Brot mit dem Käse verrührt.
Quelle: „Wildkräuter“ von Martina Merz
Von einer Reise inspiriert: Chatschapuri – gefüllte georgische Wildkräuter-Brote. (Foto: Sandra Eckardt)