Revolution im Weinberg: Initiative „Zukunftsweine“ für mehr Öko-Anbau


3. August 2022
zukunftsweine

Es ist Zeit für eine „Rebvolution“ – haben sich Eva Vollmer und Hanneke Schönhals, die Initiatorinnen von „Zukunftsweine“, und ihre Mitstreiter gedacht. Sie zielen darauf, dass klimafreundlichere Rebsorten die Weinberge erobern. Denn klassische Weinreben wie Burgunder und Riesling sind anfällig für Pilzbefall und bedürfen des Schutzes der Winzer, um gesunde reife Früchte hervorzubringen. So muss der Traktor an die zehn Mal im Jahr Pflanzenschutzmittel im Wingert verteilen. Das bedeutet wiederum, dass ein bestimmtes Maß an CO2 entsteht und nebenbei der Boden unerwünscht verdichtet wird.

Nun gibt es schon länger die Idee, widerstandsfähigere Rebsorten – die PIWI – zu züchten. Pioniere auf dem Gebiet waren etwa die Forscher Valentin Blattner und Pierre Basler in der Schweiz. Seit 2000 gibt es auch eine internationale PIWI-Bewegung. Um die Pflanzen weniger anfällig gegen Pilzbefall zu machen, kreuzten ehemals die Forscher, später die Winzer traditionelle Edelreben mit amerikanischen oder asiatischen Wildreben, die ihre Robustheit einbringen.

 

Eva Vollmer und Hanneke Schönhals gründeten Initiative „Zukunftsweine“

In Rheinhessen haben sich Ende 2021 die Winzerinnen Eva Vollmer und Hanneke Schönhals mit ihrer Initiative „Zukunftsweine“ aufgemacht, dem hiesigen ökologischen Anbau mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Neun rheinhessische Weingüter und seit kurzem auch ein pfälzisches haben sich auf die Fahnen geschrieben, resistente Sorten anzubauen. Auf diese Weise sind bei der Weinproduktion bis zu 80 Prozent weniger Pflanzenschutzmittel und Traktorfahrten nötig. Unverdichtete Böden sind nicht nur fruchtbarer und ein besserer Lebensraum für Insekten, sondern können auch mehr Wasser bei Starkregenereignissen aufnehmen.

„Klar lieben wir auch Riesling, Burgunder und Co, aber wir müssen insbesondere die Auswirkungen der Pflanzenschutzmaßnahmen in den Weinbergen drastisch reduzieren“, erklärt die Initiative. Die Etablierung von pilzwiderstandsfähigen Rebsorten ist eine Art, dies zu erreichen. Denn auch wenn der Preis für Nachhaltigkeit des Deutschen Weininstituts in der Kategorie Weinbau in diesem Jahr an den Verein PIWI Deutschland verliehen wurde, ist der derzeitige Anteil dieser Kreuzungen an der deutschen Rebfläche lediglich 2,4 Prozent.

 

Cabernet blanc, Saphira und Souvignier gris gehören zu klimafreundlichen Kreuzungen

Ob des Geschmacks mussten die neuen Sorten anfänglich um Akzeptanz ringen. Mittlerweile liefern jedoch PIWI wie Cabernet Jura, Monarch und Regent, Johanniter und Solaris eine aufregende Aromenvielfalt und Qualitäts-Bandbreite vom Trinkwein bis hin zum tiefgründigen Spitzengewächs. Die „Zukunftsweine“, die Namen wie Rebvoluzzer, Rebellin und Rebritter tragen, stammen von Sorten wie Cabernet blanc, Saphira und Souvignier gris, die selbst, in der Forschungsanstalt Rebenzüchtung Geisenheim, im Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg, vom Schweizer Valentin Blattner oder von den Schweizern Gamaret und Bronner gezüchtet wurden.

Wegbereiter für nachhaltigen Weinbau sind das Bio-Weingut Beck-Winter, Weingut Bischmann, Weingut Eppelmann, Bio-Weingut Kronenhof, Weingut Schönhals, Theos WeinundGut, Weingut Eva Vollmer, Ökologische Weingut Wedekind in Rheinhessen und seit Juli 2022 auch das Wein- und Sektgut Wilhelmshof in Siebeldingen. Im Letzteren werden die klimafreundlichen Reben Cabernet blanc und Satin noir angebaut, die am Samstag und Sonntag, 3. und 4. September, zu den „Tagen der Offenen Kellertür“ verkostet werden können. Im ersten deutschen Weingut mit Deutschem Nachhaltigkeitskodex und Nachhaltigkeitsbericht nach globalen Richtlinien (GRI-4) wurde schon in den 80er-Jahren mit robusteren Rebsorten experimentiert. (hani)

Zukunftsweine

Bemüht sich seit Jahrzehnten um Nachhaltigkeit im Weinanbau: Familie Roth-Ochocki. (Foto: Wein- und Sektgut Wilhelmshof, Siebeldingen)