Weinprobe-Tipps für Anfänger: Interview mit Bernhard Wolff, Leiter des BASF-Weinkellers


30. Mai 2022
BASF-Weinkeller

 

Ob gemeinsam mit Freunden oder auch nur zu zweit: Weinproben machen Spaß, schulen zudem die Geruchs- und Geschmacksnerven und erweitern darüber hinaus das Wissen über Wein. Professionell organisierte Verkostungen gibt es natürlich bei Weinhändlern und Winzern. Aber auch für eine Weinprobe zu Hause gibt es gute Gründe: Denn das gemeinsame Schulen der Geschmacksnerven ist der perfekte Anlass für einen geselligen Abend. Doch wie bereite ich mich auf solch einen Abend vor? Einer, der das ganz genau weiß, ist Bernhard Wolff, Leiter des BASF-Weinkellers in Ludwigshafen, der zu den zehn größten Weinfachhandlungen in Deutschland gehört. Seit Ende 2014 ist der 58-Jährige Herr über eine Million Flaschen aus aller Herren Länder von Frankreich bis Australien, aber auch aus Ecken, wo man gar keinen Weinanbau vermutet, wie die Niederlande oder Israel. Zu finden sind hier alle Preisklassen von knapp vier bis 700 Euro – pro Flasche selbstverständlich. Darüber hinaus werden auch moderierte Weinproben zu verschiedenen Themen wie „Wein & Käse“, „Wein & Sushi“ oder „Rebsorten im Profil“, wie „Burgund“, „Franken“ oder etwa „Südamerika“ angeboten.

Herr Wolff, wie viele Weinproben dürften Sie bisher durchgeführt haben?
Das kann ich nur grob schätzen. Ich mache seit 30 Jahren Weinproben und pro Jahr, das ist jetzt eher tiefgegriffen, etwa 100. Da kam bisher schon einiges zusammen.

Gibt es Weinproben, die Ihnen in Erinnerung geblieben sind?
Einige, zwei jedoch in besonderer. Anlässlich des Jubiläums „300 Jahre Jordan’sches Weingut“ durfte ich einen Forster Ungeheuer von Jordan aus dem Jahr 1811 verkosten. Einen Wein, den schon Wolfgang von Goethe, Deutschlands berühmtester Dichter, geschätzt und getrunken hat. Und zum 80. Geburtstag von Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl moderierte ich eine Weinprobe in einem sehr hoch angesehenen Kreis.

Kommen wir zur Sache: Wie gehe ich bei meiner ersten Weinprobe zuhause vor und welche Vorbereitungen sollte ich treffen?
Zuerst entscheidet man sich für die Art der Weinprobe; für den Anfang genügen zum Beispiel maximal sechs Rieslinge aus dem gleichen Jahrgang einer Region. Oder sechs Grauburgunder eines Winzers aus verschiedenen Jahrgängen. Zur Weinprobe selbst benötigt man nur einen Tisch, eine weiße Tischdecke (so kann man Farbe und Klarheit des Weines besser bestimmen), passende Weingläser (am besten bauchige mit nach oben schmal zulaufender Öffnung), ein Gefäß, um Restweine zu entsorgen, Zettel für Notizen und einen Korkenzieher. Bevor die Gäste eintreffen, lüftet man den Raum (damit er möglichst neutral riecht) und sorgt für ausreichend Licht, das hilft bei der Beurteilung der Farbe.

Welche Temperatur sollten die Weine haben?
Schaumwein genießt man am besten bei 6 bis 8 Grad Celsius, Weiß- und Roséweine bei 6 bis12 Grad Celsius, sie sollten am Tag vorher in den Kühlschrank. Rotweine holt man am besten kurz vorher aus dem Keller, damit sie etwa 16 bis 18 Grad Celsius haben. Die kann man dann aber auch schon mal entkorken, damit sie atmen können.

Für den kleinen Hunger: Was könnte man zur Probe genießen, ohne den Weingeschmack zu übertönen, beziehungsweise was könnte man als „Neutralisator“ zwischen unterschiedlichen Weinen anbieten?
Um die Geschmacksnerven zwischen den verschiedenen Weinen wieder zu neutralisieren, genügen eigentlich stilles oder leicht perlendes Wasser sowie etwas (salzfreies) Baguette. Um aus dem Glas fremden Geruch (etwa vom Holzschrank) zu entfernen oder Geschmack (etwa von Spüli oder vom Wein davor) zu neutralisieren, spült man das Glas mit einem winzigen Schluck Wein – und zwar mit dem, den man anschließend trinken möchte – aus. Das nennt man avinieren.

Gut, jetzt beginnt die Weinprobe. Worauf muss man beim Verkosten achten?
Sehen, schwenken, schnüffeln, schlucken! Zuerst beurteilt man also die Farbe. Durch das Schwenken können sich die Aromen im Glas frei entfalten. Danach riecht man ins Glas, das Aroma des Weins wird nämlich über die Nase aufgenommen.

Was kann man dabei erkennen?
Zum Beispiel, ob der Wein eher fruchtig, blumig, erdig, würzig oder holzig ist. Wer möchte, lädt sich vorab das „Aromarad“ aus dem Internet herunter. Denn es ist ohne Übung nicht leicht, das Duftbild eines Weins einem bekannten Aroma zuzuordnen. Nun kommt der Teil, der am meisten Spaß macht: Man nimmt einen größeren Schluck Wein, schlürft etwas, benetzt den ganzen Mund und spürt dem Abgang nach.

Und was versuche ich dabei zu schmecken?
Zum Beispiel, ob der der Wein frisch und jung oder vollmundig und schwer ist. Ob er süß, sauer, salzig oder bitter schmeckt oder ob man Früchte wie etwa Pfirsich oder Aprikose beim Weißwein oder eher Brombeere oder Kirsche beim Rotwein erkennt. Ob sich der Wein im Mund weich, rund, cremig, ölig oder pelzig anfühlt.

Gibt es sonst noch etwas, was man bei einer Weinprobe beherzigen sollte?
Insbesondere beim Wein gilt, dass die Geschmäcker verschieden sind. Es gibt kein richtig oder falsch, sondern nur ein „schmeckt mir“ oder „schmeckt mir nicht“. Wenn man diese Beurteilung noch mit einer halbwegs „fachlichen“ Begründung unterstreichen kann, die über „lecker“ hinausgeht, macht man für den Anfang schon eine ganz gute Figur.

Weitere Themen, Tipps und Trends gibt es hier.

Exklusiv für espresso weinreich wurde vom BASF-Weinkeller ein besonderes Weinpaket zusammengestellt. Entdecken Sie die Vielfalt der Region mit sechs ganz unterschiedlichen Weinen junger Winzer. Weitere Infos dazu gibt es beim BASF-Weinkeller.

Eine Weinprobe lässt sich auch in den eigenen vier Wänden organisieren. (Foto: Carlo/stock.adobe.com)

Das Aromarad kann dabei helfen, bei einer Weinverkostung Geschmack, Aromen oder Gerüchen in Worte zu fassen. Das Hilfsmittel ist beispielsweise beim Deutschen Weininstitut (DWI) unter shop.deutscheweine.de (€ 3) erhältlich ist.